22 Juni 2011

Eins, vier, sieben, acht, null

Es war Sonntag, der 16. März 2003, als Steffi und ich es mit der Angst zu tun bekamen. Wir standen in einem Waldstück mitten in den Weiten Südschwedens. Die Abendsonne kündigte sich an, es wurde kühler. "Die haben uns vergessen", sagte Steffi und schüttelte traurig den Kopf. Wir wussten nicht mehr weiter.

In einem Reisebüro hatten wir eine Ferienhütte gebucht. Sechs Tage lang einfach mal abschalten, das war der Plan. Jetzt standen wir vor dieser roten Hütte, die genauso aussah wie im Prospekt - aber die Tür war verschlossen. Kein Mensch weit und breit. Nur Steffi und ich, und unser alter, roter Peugeot 306.

"Die Schlüsselübergabe kann zwischen 16 und 20 Uhr stattfinden. Sie müssen jedoch immer der Schlüsselübergabestelle über ihre vermeintliche Ankunftszeit Bescheid geben". Immer und immer wieder lasen wir uns die Novasol-Reiseunterlagen durch. Was hatten wir falsch gemacht? Nichts. Sten Henriksson aus Klippan, der Besitzer, hatte Post von uns bekommen. Das glaubten wir zumindest. Doch er ließ sich nicht blicken.

Würde uns Sten Henriksson im Schlaf überfallen?

Auch die Telefon-Hotline des Reiseveranstalters war über die angegebene Nummer nicht zu erreichen. Kein Wunder an einem Sonntag. Es blieb uns nichts anderes übrig, als zu warten und womöglich die Nacht im Auto zu verbringen. Die wildesten Räuberpistolen schossen uns durch den Kopf. Würde Sten Henriksson kommen und uns im Schlaf überfallen? Kein schöne Vorstellung. Henning Mankells Kurt Wallander hatte seine Spuren hinterlassen. 

Etwa gegen halb acht schaute ich mir das Haus noch einmal genauer an und fand an der Tür einen unscheinbaren, kleinen, grauen Kasten. Ich öffnete die Klappe. Dahinter verbarg sich ein schwarzer, abgenutzter Zahlenblock. Sollte das die Lösung sein? Ich lief zum Auto, überprüfte ein letztes Mal die Unterlagen und fand - den "Schlüsselbox Kode". Eins, vier, sieben, acht, null. Wir waren drin. Und konnten einfach nicht mehr vor Lachen. Vier Stunden standen wir vor unserem Ferienhaus, waren nervlich am Ende. Und dann war alles so einfach. 14780.

Acht Jahre ist das inzwischen her. Es war ein toller Urlaub. Mit ausgedehnten Waldspaziergängen. Mit Stippvisiten in Helsingborg und Kristianstad. Mit echtem Kaminfeuer in unserer roten Schwedenhütte.

Die Buchungsbestätigung von damals fiel mir erst neulich beim Aufräumen in die Hände. Und da kamen all die Erinnerungen wieder hoch. Auch an unser schönes Schlüssel-Erlebnis. Das ist jetzt aufgeschrieben, auch wenn es sich laut Steffi im Detail etwas anders zugetragen hat.

Noch mehr Geschichten aus der gemeinsamen Geschichte von Steffi und Thomas gibt es demnächst in diesem Blog. Oder spätestens am 19. August bei unserer Hochzeit.

18 Juni 2011

Katastrophenfilm

Eines steht schon jetzt fest: Der 19. August wird der teuerste Tag in unserem Leben. Die Frage ist, ob er deshalb auch der schönste wird. Die Erwartungen sind schlichtweg riesig. Blauer Himmel, traumhaftes Brautpaar, tanzende Tische. So soll es sein. Es kann aber auch jede Menge schiefgehen. Wie etwa bei Chloe und Keith ...



Steffi und ich wollen jetzt doch auf einen Pool während der Trauung verzichten. Denn falls wirklich etwas passiert, wäre das einfach schlecht für die Stimmung ...



Ganz ehrlich. Die eine oder andere kleine Katastrophe darf es durchaus geben. Wessen Hochzeit verläuft denn schon voll nach Plan? Klar. Die Ringe lasse ich am 19. August besser nicht auf dem Küchentisch liegen. Schön wäre es auch, wenn Helene zumindest kurz vor dem Ja-Wort darauf verzichtet, unbedingt auf Papas Arm zu wollen ... "Papa! Arm! Arm! Ja?"

Erwartungen hin oder her. Am Ende kommt es sowieso wie es kommt. Das steht jetzt schon fest.

* Anmerkung: Keine Ahnung, ob Chloe und Keith heute ein glücklich verheiratetes Paar sind oder ob sie es überhaupt jemals waren. Die Webseite ChloeAndKeithsWedding.com existiert zwar, Infos über die beiden sucht man dort jedoch vergebens.

10 Juni 2011

Mein Schatz

Links auf dem Bild das ist Frodo, ein handzahmer Uhu, den ich gestern in Fürstenwalde fotografiert habe. Frodo? Richtig, Frodo, so heißt auch der Held aus Herr der Ringe. Er kriegt einen bösen Ring, mit dem sich viel böser Unfug anstellen lässt. Aber weil der Frodo ja ein Guter ist, macht er sich auf den Weg zum Schicksalsberg, um das Schmuckstück ins Feuer zu werfen - "mein Schatz..."

Heute gehen Steffi und ich Hochzeitsringe kaufen. Aus Gold müssen sie nicht unbedingt sein. Da sind wir uns einig. Denn das wäre keine lohnende Investition. Die Feinunze des teuren Edelmetalls (rund 31 Gramm) wird an den Rohstoffmärkten aktuell mit 1571 US-Dollar gehandelt. Vor zehn Jahren hat man dafür nicht mal 300 Dollar bezahlt. Sicher, da war die Krise noch weit weg. Trotzdem. Hätten Steffi und ich damals geheiratet, und zwar mit goldenen Ringen, dann wären wir jetzt gemachte Leute.

Haben wir aber nicht. Wir heiraten lieber, wenn die Rohstoffpreise gerade am Explodieren sind. Platin bekam man vor drei Jahren für 800 US-Dollar praktisch hinterhergeworfen. Heute legt man mehr als 1800 Dollar für die Feinunze auf den Tisch. Das Selbe in grün mit Silber, wenn auch auf einem niedrigerem Niveau. Vor einem Jahr 18, kostet Silber inzwischen 37 Dollar. Aber wehe, wenn die Edelmetallblase irgendwann platzt.

Vielleicht sollten wir einfach in Aluminium investieren. Die Tonne wird am Markt aktuell mit rund 2660 Dollar gehandelt, umgerechnet auf die 31 Gramm macht das nicht mal 8 Cent pro Feinunze. Billiger ist eigentlich nur noch Holz. Nur hält Holz leider kein Leben lang. Aluminium schon eher, aber Alu-Ringe sind dann doch irgenwie unromantisch.

Ergänzung: Inzwischen hat der Goldpreis die Schallgrenze von 1600 Dollar geknackt, die Griechen sind schuld...

02 Juni 2011

Ganz ohne Nasenbluten

Das Thema hätte sich diese Woche echt angeboten: Steuern. Durch die entsprechende Erklärung habe ich mich am Dienstag gequält. Aber etwas darüber zu schreiben ist mindestens genauso langweilig, wie die Bögen auszufüllen. Außerdem würde mich das nur deprimieren. Dann doch lieber über Erfolgserlebnisse berichten. Seit ein paar Tagen bin ich eingekleidet. Nicht, dass ich vorher nackt rumgelaufen wäre. Die Rede ist von meiner Hochzeitskluft. Jacket, Hose, Hemd, Krawatte, Schuhe - alles da. Sauber verstaut hängt der Anzug in einer hübschen Galeria-Kaufhof-Kleiderhülle bei uns im Kleiderschrank und wird frühestens am 18. August wieder herausgeholt.

Was soll ich sagen - es war gar nicht mal so schlimm. Aussuchen, Anprobieren und Entscheiden gehören normalerweise nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. H&M meide ich wie spanische Gurken, in die Deichmann-Filiale setze ich nur selten ein Fuß. Aber was macht man nicht alles für seine Hochzeit. Also ab zum Alex - Kaufhof lockte mit 25 Prozent Rabatt. Außerdem boten sich die liebe Ulli und ihre Mutter als praktische Einkaufshilfe an.

Schokolade ist braun, Bananen manchmal auch

Ein Verkäufer ist schnell gefunden. Ein Blick und der Griff zum ersten Jackett, Größe 50. Passt. Klassisch schwarz, modisch talliert, gar nicht mal so schlecht. Das nächste bitte. Ein Braunton, angeblich. Wenn er es sagt. Aber jeder hat eben so seine eigenen Vorstellungen von braun. Schokoladeneis ist braun, Bananen, wenn sie lange herumliegen, sind es auch. Das nächste bitte. Grau mit Streifen. Danke. Jetzt aber ab in die Kabine, das passende Hemd und die passende Hose anziehen. Leider finden Knopf und Knopfloch der ersten Hose nicht so zueinander, wie seinerzeit Steffi und ich. Größe 52 passt besser. Der fehlende Sport macht sich also langsam bezahlt.

Am Ende wird es Anzug Nummer zwei. Ganz in braun, das mir wie ein hellschwarz daherkommt. Kann schwarz überhaupt hell sein? Die Ton in Ton gehaltene Kombination Hemd und Krawatte passt dazu jedenfalls ganz gut. Jetzt nur noch die Schuhe. Ein Drama in mehreren Akten. Die meisten Treter in meiner Größe (47) kommen im Zirkus vielleicht ganz gut. Aber auf einer Hochzeit haben sie nichts zu verloren. Meine Meinung.

Karton auf, Papier raus, Schuhe an, Schuhe aus

Die Suche zieht sich hin. Karton auf, Papier raus, Schuhe an, Schuhe wieder aus. Und wieder von vorn. Nach einer halben Stunde ohne Nasenbluten wie sonst in Schuhgeschäften findet sich das passende Paar schwarze Lederschuhe doch noch an. Ich atme durch und bezahle die frische Ware. Kurz darauf stellt sich bei mir ein Glücksgefühl ein, das ich sonst nur von Saturn- oder Media-Märkten kenne. Was auch daran liegen mag, dass ich dank Rabatt-Karte soeben viel Geld gespart habe. Die gesparte Kohle kommt mir gerade recht. Ich sage nur: Steuererklärung.